Demonstranten am Dienstagabend auf dem Platz der Helden in Tiflis.
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Demonstranten am Dienstagabend auf dem Platz der Helden in Tiflis.

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EU fordert Rückziehung von Georgiens "Agenten-Gesetz"

Nach der Verabschiedung des umstrittenen "russischen Gesetzes" wächst der Druck auf Georgiens Führung. Aus Brüssel und Washington kommt scharfe Kritik, die Proteste im Land dauern an. Ist am Ende sogar der EU-Beitritt gefährdet?

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Die EU pocht auf die Streichung des umstrittenen georgischen Gesetzes zur Einstufung bestimmter Organisationen als "ausländische Agenten". "Wir fordern die georgischen Behörden dringend auf, das Gesetz zurückzuziehen," hieß es in einer Erklärung des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell und EU-Kommissar Oliver Varhelyi am Mittwoch.

"Negative Auswirkung auf den Weg in die EU"

"Die Verabschiedung dieses Gesetzes wirkt sich negativ auf die Fortschritte Georgiens auf dem Weg in die EU aus." Auch die Nato bewertet das Gesetz als Schritt in die falsche Richtung. "Wir fordern Georgien auf, seinen Kurs zu ändern und das Recht auf friedlichen Protest zu respektieren", sagte ein Nato-Sprecher.

Georgien hat seit Ende vergangenen Jahres den Status eines Beitrittskandidaten in der EU. Der Mitteilung zufolge hatten die EU-Staaten Georgien diesen Status unter der Voraussetzung zuerkannt, dass das Land die neun Schritte aus einer Empfehlung der Kommission umsetzt. Dazu gehören unter anderem, dass die Menschenrechte geschützt werden und die Zivilgesellschaft sowie die Medien frei agieren können.

Weiter Massenproteste in Tiflis

Ungeachtet wochenlanger Massenproteste hatte die Regierungsmehrheit der Partei Georgischer Traum am Dienstag das umstrittene Gesetz gebilligt, das den ausländischen Einfluss auf Nichtregierungsorganisationen begrenzen soll. Verschärft wird die Rechenschaftspflicht für Hilfsorganisationen und unabhängige Medien, die mehr als 20 Prozent ihrer Gelder aus dem Ausland erhalten. Zur Begründung heißt es, mehr Transparenz sei nötig. 

Hunderttausende Gegner der "russisches Gesetz" getauften Regelung fürchten aber, dass damit wie in Russland kritische Organisationen mundtot gemacht werden sollen. Mit dem autoritären Kurs der Partei Georgischer Traum sehen sie den angestrebten EU-Beitritt der Ex-Sowjetrepublik in Gefahr. Nach der Verabschiedung des Gesetzes im Parlament hielten die Massenproteste aus der Bevölkerung an. Auch am Dienstagabend waren Medienberichten zufolge wieder Tausende Menschen in der Hauptstadt Tiflis auf die Straßen gegangen.

Washington fordert Kurswechsel

Die US-Regierung forderte die Führung Georgiens auf, das Gesetz zu überdenken. "Unserer Ansicht nach muss die georgische Regierung den Kurs, auf dem sie sich befindet, ändern", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Vedant Patel, am Dienstag in Washington.Das Weiße Haus äußerte sich "tief besorgt" über die Verabschiedung des Gesetzes. Sprecherin Karine Jean-Pierre sagte, die USA seien angesichts dieser Entwicklung verpflichtet, ihre Beziehungen zu Georgien grundlegend zu überdenken. 

Die US-Regierung rechne mit einem Veto von Präsidentin Salome Surabischwili. "Wir werden sehen, was das Parlament dann macht", sagte Jean-Pierre. Die pro-europäische Präsidentin kann ihr Veto einlegen, doch verfügen die regierungstreuen Abgeordneten im Parlament in Tiflis über eine ausreichende Mehrheit, um dieses Veto wieder zu überstimmen.

Im Video: Interview mit Stephan Malerius, Konrad-Adenauer-Stiftung, zur Lage in Georgien

Stephan Malerius
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Stephan Malerius

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